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Von der russischen Schneebeere zum ecuadorianischen Blaufußtölpel

20. Jun. 2022

Impressionen vom Kultur- und Fremdsprachentag am Julius-Echter-Gymnasium

„Heiter sind die Tage des Orients und seine Nächte träumerisch.“

Mit diesen inspirierenden Gedichtzeilen des libanesischen Dichters Dr. Yussuf  Assaf beginnt nach mehrjähriger Coronapause der diesjährige Kultur- und Fremdsprachentag für die 9. Jahrgangsstufe des Julius-Echter-Gymnasiums.

Peter Spielmann, ein ehemaliger Lehrer des JEG, berichtet zum Auftakt über seine Reisen in den Libanon.

Warum man das Land auch „die Schweiz des Orients“ nennt, wird den Zuhörer*innen der 9. Jahrgangsstufe klar, als sie die herrlichen Bilder der schneebedeckten Berge am Ufer des Mittelmeeres zu sehen bekommen.

In Kontrast zu diesen Naturschönheiten stehen die gewaltigen Probleme, mit denen die libanesische Gesellschaft zu kämpfen hat: Den ca. 6 Millionen Einwohnern stehen z.B. 2 Millionen Flüchtlinge gegenüber, die v.a. aus dem benachbarten Syrien ins Land gekommen sind. Mit vereinten Kräften und dank des mutigen Engagements von Mitgliedern der verschiedensten Religionsgemeinschaften wird versucht, die schlimmste Not zu lindern. Peter Spielmann, der zuletzt in diesem Frühjahr das Land bereist hat, ist anzumerken, wie sehr ihn das Leid der vielen Menschen, die er dort getroffen hat, berührt.

Im Verlauf des Vormittags erhalten die Schülerinnen und Schüler weitere Einblicke in Länder und Sprachen, die sonst eher nicht im Mittelpunkt des Schulalltages stehen. So erzählen die Zehntklässlerinnen Eleni Katsavria und Rafailia Pontiki von ihren Besuchen bei ihren Familien in Griechenland. Während sie vor dem dort scheinbar ungeregelten Verkehr warnen, amüsieren sie sich über das Verhalten vieler Griechen, die sich nach einem Restaurantbesuch teils wohl auch heftig darüber streiten, wer die Zeche für alle bezahlen darf – Ausdruck der sprichwörtlichen griechischen Gastfreundschaft. Etwas wehmütig erzählt  Rafailia vom griechischen Schulsystem, in dem die Regeln wohl eher nicht so streng gehandhabt werden wie hier.

Eine ehemalige Schülerin des JEG, Esma Memtimin, berichtet mit ihrer Kollegin, Sila Noyan,über die Situation ihres Volkes, der Uiguren, in China. Sie spricht über die Menschenrechtsverletzungen, deren Opfer die Uiguren dort sind, und sensibilisiert die Schülerinnen und Schüler dahingehend, inwiefern sie durch ihr (Konsum)verhalten diese Minderheit, wenn auch nur indirekt, unterstützen können.

Von einer Art Kulturschock erzählt Ella Rauschert aus der 9B. Sie hatte die Gelegenheit, im Rahmen eines Betriebspraktikums vier Wochen in Kamerun zu verbringen. Zunächst bereitet ihr der dort gesprochene französische Akzent große Schwierigkeiten. Sie habe so gut wie nichts verstanden. Bilder von heillos überladenen Mofas und PKW sowie von überfluteten oder weggebrochenen Straßen vermitteln zudem den Eindruck einer Infrastruktur, die sich doch recht stark von der in Europa unterscheidet. Ins Schwärmen gerät sie, als sie über das landestypische Essen berichtet. Es sei das beste gewesen, was sie je probiert habe.

Auf einen ganz anderen Kontinent, nämlich Südamerika, entführt Herr Wagner die Klasse 9C. Er hat im Rahmen des Auslandsschuldienstes einige Jahre mit seiner Familie in Ecuador verbracht. Bilder von beeindruckenden Landschaften, in bunte Trachten gekleideten indigenen Menschen sowie seltsam anmutenden Tieren auf den Galapagos-Inseln bekommen die Schülerinnen und Schüler zu sehen. Außerdem wissen sie jetzt, dass der berühmte Panamahut eigentlich Ecuadorhut heißen müsste, da er dort produziert wird, und dass man sogar in der schulischen Weitsprunganlage mit abgelegten Echseneiern rechnen muss.

Als würden sie jeden Tag vor NeuntklässlerInnen stehen, stellen die Sechstklässlerinnen Emilia Niemiec und Emilia Veronika Funk Polen vor. In ihrem abwechslungsreich und interaktiv gestalteten Vortrag erfahren die SchülerInnen alles über polnische Sehenswürdigkeiten, Traditionen, typisches Essen und interessante Besonderheiten, z.B. dass die Klingelschilder nur Nummern und keine Namen aufweisen oder dass Autos durch einen Aufkleber in der Frontscheibe vor Diebstahl geschützt werden. Am Ende des Vortrags kann sich dann sogar jedes Klassenmitglied dank eines spielerischen Sprachkurses auf Polnisch vorstellen und nach dem Befinden erkundigen. Dziękuję!

Die Begeisterung, mit der Frau Rieger anschließend Einblicke in die chinesische Kultur und Sprache gewährt, steckt die Klasse 9a an. Voller Energie üben sie die perfekte Aussprache von chinesischen Wörtern. Dies ist nicht so einfach, da verschiedene Tonlagen korrekt getroffen werden müssen. Frau Rieger hat jedoch gar nicht genug Belohnungsschokolade dabei, um all die perfekt ausgesprochenen Wörter zu honorieren. Am Ende der Stunde können alle, dank grandioser Eselsbrücken, die Zahlen von eins bis zehn in Schriftzeichen schreiben und werden wohl zukünftig beim Anblick von Männern mit Hut und Schnauzbart immer an chinesische Zahlen denken müssen.

Für lauten Applaus und anerkennende Worte von den SchülerInnen der 9b sorgt der gemeinsame zweistündige Vortrag über die Ukraine und Russland von Charalambos Anastasiadis und Gheorghi Abbud aus der 7a.

Charalambos unterhaltsame Präsentation über Russland zieht die Klasse von Anfang an in ihren Bann. Von der Bedeutung der Flagge, den geographischen Gegebenheiten, bis hin zur Banja (= russischer Sauna), dem Pfannkuchenfest und Volksliedern über Schneebeeren erfahren die SchülerInnen Wissenswertes über die russische Kultur. Mitgebrachte typische Gegenstände veranschaulichen die Informationen zusätzlich. Auch werden russische Köstlichkeiten und ein leckerer selbstgebackener Kuchen zum Probieren verteilt und bei einer witzigen russischen Zeichentrickserie gut gelaunt verspeist. Abschließend wird in einem kurzen Quiz noch überprüft, ob die SchülerInnen auch gut aufgepasst haben – haben sie! Und genauso aufmerksam lauschen die SchülerInnen den spannenden Ausführungen Gheorghis zur Geschichte der Ukraine von der Ur- und Frühgeschichte bis heute. In andächtiger Atmosphäre wird auch die ukrainische Nationalhymne besprochen und gehört und schließlich geben beide noch gemeinsam Einblicke in die ukrainische und russische Sprache. Einfach klasse!

Wir bedanken uns bei allen Referentinnen und Referenten, die sich wahnsinnig viel Mühe gemacht haben, um die 9. Klassen für einen Vormittag in eine fremde Kultur eintauchen zu lassen.

Hirdina, Müller