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„Kostbarster Unterricht an den Sterbebetten“

13. Feb.. 2025

Das W-Seminar „Knockin` on Heaven`s Door“ zu Besuch auf der Palliativstation des Juliusspitals Würzburg

Am 3.2.2025 durfte das W-Seminar des Julius-Echter-Gymnasiums Elsenfeld „Knockin` on Heaven`s Door- eine mehrdimensionale Betrachtung von Leben und Tod“ die Palliativstation des Juliusspitals Würzburg besuchen.

Regina Raps, die Stationsleitung der Palliativstation Würzburg, legte uns das Gedicht „Unterricht“ von Hilde Domin ans Herz. Dies wird bereits in der Überschrift zitiert und soll unseren Artikel ummanteln.

Den Mantel (lat. pallium) ausbreiten möchten auch die Mitarbeitenden auf der Palliativstation. Die PatientInnen sowie ihre Angehörigen sollen wie mit einem schützenden Mantel umgeben werden – durch medizinische, psychologische und vor allem menschliche Unterstützung. Es bedarf keiner großen, angsteinflößenden medizinischen Apparaturen wie auf einer Intensivstation. „Hightouch statt Hightech“, wie es Frau Raps formuliert. Auf der Palliativstation geht es um den Menschen und dass sein letzter Lebensabschnitt möglichst schmerzfrei und harmonisch verläuft. Dafür steht den PatientInnen (und Angehörigen) auf der Station in Würzburg neben einer Gesprächstherapeutin, PhysiotherapeutInnen und SeelsorgerInnen auch eine Musiktherapeutin zur Seite. „Sie bringt in den Menschen“, wie Frau Raps sagt, „das Innerste zum Klingen, auf eine Art und Weise, wie es mit Worten nicht möglich wäre.“ Abschiednehmen, Wut, Erinnerung oder Trauer ausdrücken – mit Heavy-Metal oder Zauberharfe, all das ist für die Menschen auf der Palliativstation möglich.

„Alle Spiegel so klar wie ein See nach großem Regen, ehe der dunstige Tag die Bilder wieder verwischt.“

Der Bick in den Spiegel, in den möglichst wohnlich und komfortabel eingerichteten Zimmern, hat uns überrascht: wir hatten alle einen gesunden Teint. Das ist Absicht, wie Frau Raps uns erzählte. Die Spiegel sind getönt, damit die PatientInnen beim Blick in den Spiegel sich selbst nicht nur als krank und mangelhaft wahrnehmen. Die Situation sei für die PatientInnen belastend genug und viele fokussierten sich stark auf ihren gebrechlichen Körper, was sich negativ auf die Psyche auswirke. Deshalb versuchen die Station und viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, den Patienten den letzten Lebensabschnitt so angenehm wie möglich zu gestalten. Dazu zählt auch, dass PatientInnen mit dem „Wünschewagen“, wenn möglich und gewollt, Wünsche erfüllt werden.

„Jeder, der geht, belehrt uns ein wenig über uns selber. Kostbarster Unterricht an den Sterbebetten.“

Dieser Meinung ist auch Frau Raps. Auf unsere Frage, ob sich ihr Blick auf den Tod verändert hat, meinte Sie, dass sich vor allem ihre Sicht auf das Leben verändert habe durch die Beschäftigung mit Sterbenden. Sie habe ein neues Bewusstsein für Ihre Lebensgestaltung gewonnen durch Ihren, wie sie sagt, „sinnerfüllten und menschenfreundlichen Beruf“.  

Dass dieser Beruf nicht einfach ist, wurde uns allen schnell klar. In kürzester Zeit muss Vertrauen aufgebaut und wieder Abschied genommen werden, müssen Menschen versorgt und betreut werden und viel Trauer und Angst genommen und ausgehalten werden. Umso größer ist unsere Bewunderung für die Menschen, die diesen Beruf mit viel Einfühlungsvermögen, Freude und Engagement ausüben und damit gewährleisten, dass allen Menschen ein würdiges Abschiednehmen und Sterben ermöglicht wird.

Jede von uns hat aus dieser Exkursion etwas persönlich Bereicherndes mitgenommen, wie wir in der Nachbesprechung festgestellt haben. Wir bedanken uns daher ganz herzlich für diesen interessanten, informativen, beeindruckenden, eindrucksvollen, tiefgründigen, aufschlussreichen und wichtigen Einblick in die Palliativstation.

„Dein Tod und meiner der nächste Unterricht: so hell, so deutlich, dass es gleich dunkel wird.“ (Hilde Domin)

(Vera Müller im Namen des W-Seminars)

Unterricht

Jeder, der geht,

belehrt uns ein wenig

über uns selber.

Kostbarster Unterricht

an den Sterbebetten.

Alle Spiegel so klar

wie ein See nach großem Regen,

ehe der dunstige Tag

die Bilder wieder verwischt.

Nur einmal sterben sie für uns,

nie wieder.

Was wüssten wir je

ohne sie?

Ohne die sicheren Waagen,

auf die wir gelegt sind,

wenn wir verlassen werden.

Diese Waagen, ohne die nichts

sein Gewicht hat.

Wir, deren Worte sich verfehlen,

wir vergessen es.

Und sie?

Sie können ihre Lehre

nicht wiederholen.

Dein Tod und meiner

der nächste Unterricht:

so hell, so deutlich,

dass es gleich dunkel wird.

Hilde Domin