„Später Besuch“: Szenische Lesung mit Bernhard Setzwein am JEG

An das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai vor genau 80 Jahren wurde am Julius-Echter-Gymnasium in besonderer Weise erinnert. Am Vormittag kamen der bekannte Autor Bernhard Setzwein und der Kulturjournalist Stefan Voit an die Schule, um vor den Schülerinnen und Schülern der 11. Jahrgangsstufe Setzweins Stück „Später Besuch. Dietrich Bonhoeffer redivivus“ in einer szenischen Lesung aufzuführen.
Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg von den Nazis hingerichtet. Seinem Tod vorausgegangen waren chaotische Tage, in denen er von Berlin aus mit anderen Häftlingen auf einen Gefangenentransport geschickt worden war. Unter ihnen der spätere CSU-Mitbegründer Josef Müller, genannt „Ochsensepp“. Diese Konstellation greift Setzwein in seinem Theaterstück auf und verlagert die Handlung auf zwei Zeitebenen: In der einen erscheint Bonhoeffer im Herbst 1945 als Geist nachts bei Josef Müller. Im Dialog werden dann in einer zweiten Ebene die dramatischen Ereignisse rund um Bonhoeffers Hinrichtung gegenwärtig.
Keine leichte Kost, die den Schülerinnen und Schülern des JEG da geboten wurde! Doch Setzwein gelingt es, sie mit minimalistischen Mitteln 80 Jahre in der Zeit zurückreisen zu lassen. Zwei kleine Tische, ein Plakat und eine kleine Spieluhr – und dazu die eindrücklich-sonore Stimme Setzweins im Zwiegespräch mit Voit, der glaubwürdig in die Rolle des Ochsensepp schlüpft, – mehr braucht es nicht, um das Grauen der NS-Diktatur und die Selbstzweifel des Widerstandskämpfers Bonhoeffer miterlebbar zu machen.
In seinem Stück geht es Setzwein auch darum, am Beispiel des protestantischen Pastors Fragen von überzeitlich-ethischer Relevanz zu verhandeln, etwa dem Verhalten in einer Diktatur oder wie man in einer unmoralischen Welt moralisch bleiben kann. Ganz aktuell auch das Thema (Wieder) Bewaffnung: 1945 wollten viele Deutsche keine Armee mehr, und heute entzweit die Aufrüstung der Bundeswehr die Gesellschaft.
Setzweins „Später Besuch“ war also für die Schüler in vielerlei Hinsicht ein historisches Lehrstück und bestens geeignet, die Erinnerung an den 8. Mai 1945 wach zu halten.
Thum
