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„Die Chemie stimmt“ am JEG und lässt die „Moleküle tanzen“

02. Mai. 2022

Grenzüberschreitendes Projekt unterhält bestens und beeindruckt tief

Wenn zu einer „Tanzveranstaltung“ an einem Freitag 300 Besucher in die Aula des Schulzentrums Elsenfeld kommen, darunter prominente Gäste wie die Professoren Gerhard Sextl, der Leiter des Fraunhofer-Instituts in Würzburg, der erst vor kurzem mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, und Wolfram Koch, Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker in Frankfurt, dann ist das ganz sicher ein Höhepunkt in den Feierlichkeiten zum 50.Jubiläum des JEG Elsenfeld. Und natürlich war es keine „normale“ Tanzveranstaltung, wie schon der Titel verriet: „Wenn die Moleküle tanzen. Chemie im Rausch der Musik“.

Es war ein Abend mit bester Unterhaltung, mit großer Konzentration und vielen Aha-Effekten bei den Besuchern, und es war vor allem ein Abend der kreativen Grenzüberschreitungen, wie schon die Schulleiterin des JEG, Petra Hein, bei ihrer Begrüßung klar machte, als sie darauf hinwies, welche Begeisterung und welcher Forscherdrang inzwischen in diesem sprachlichen und sozialwissenschaftlichen Gymnasium für die Chemie herrscht. Verantwortlich dafür sind seit Jahren drei Männer, die viel Herzblut und noch mehr Freizeit in dieses Projekt stecken: die beiden pensionierten Chemielehrer Roland Full, der seit drei Jahren die „Jugend forscht-Projekte am JEG leitet, und Werner Ruf, der am Celtis-Gymnasium Schweinfurt unterrichtete. Unverzichtbar vor Ort: der Biologie- und Chemielehrer am JEG Jörg Giegerich, den Hein „Motor“ dieser Entwicklung nannte.

„Wir schmeißen Chemikalien zusammen, schauen, was passiert und hoffen, dass wir keine Flops produzieren“, beschrieb Ruf das, was 80 Minuten lang die Zuschauer in den Bann zog. Es waren kreative Experimente in Petrischalen, natürlich fachkundig und auch ganz exakt geplant, die auf der großen Leinwand mit lichtstarken Overheadprojektoren in faszinierende Bilder umgesetzt wurden – mal war es ein überwältigender Farben und Formenrausch im sukzessiven Entstehungsprozess, mal waren es meditative Bewegungen und Bilder, bei denen andächtige Stille in der Aula herrschte. Das allein wäre schon den Besuch wert gewesen, zum eindrucksvollen Gesamtkunstwerk aber wurde der Abend erst durch die grenzüberschreitende Kombination mit kongenialer Livemusik. Sebastian Tausch vom JEG und Nico Balling vom KEG Amorbach, augenzwinkernd von der Schulleiterin mit einem Schülerzitat als „nicht nur Musiklehrer, sondern echte Musiker“ vorgestellt, boten, unterstützt von Bastian Kraus, Musik mit spannendem Improvisationscharakter ohne Genregrenzen.
Mit teilweise bearbeiteten Pop-, Jazz-, Klassik- und E-Musiktiteln und auch mit Eigenkompositionen Ballings führten sie einen exakten und bereichernden Dialog mit den Bildern, einen Dialog, bei dem die Schönheit und die Faszination der Farben und Formen auf der Leinwand sich mit der Musik zu 20 Gesamtkunstwerken von zwei bis fünf Minuten Dauer rundeten. Es waren Szenen in einem riesigen Stimmungsspektrum zwischen rasantem Tempo wie beim „Chaotischen Hummelflug“, einem Farben- und Formenrausch wie „Unsere Schule, bunt und dynamisch“, impressionistisch hingetupft wie das „Frühlingserwachen auf dem Dammsfeld“, organisch entwickelt wie der „Silberbaum“ oder intensive expressionistische Stimmungsmalerei wie die „Herbstlichen Farb-Metamorphosen“. Spätestens wenn man erlebte, wie die oft poetischen, fantasieanregenden Titel zu der Stimmung auf der Leinwand und zur Musik passten, war klar: Zu diesem Gesamtkunstwerk gehört die perfekte, wie zufällig wirkende Planung, die punktgenaue Synchronisation zwischen den beiden Chemikern an den Petrischalen und den Musikern, eine ideale Mischung aus exakter Vorbereitung und dem Wirken des Zufalls. Gut geplant war auch die Dramaturgie der 80 Minuten: Am Ende mündete der Farbenrausch in meditative, ruhige Schwarz-Weiß-Szenen mit eher zurückgenommener Musik, die beispielsweise die Kälte in der „Zeit der Eisblumen“ perfekt in Töne bannte.

Kreative Grenzüberschreitung auch im Eingangsbereich bei der Ausstellung von kleinen Kunstwerken, die Schülerinnen und Schüler in Bastian Kraus‘ Wahlkurs Design und Illustration mit ihren I-Pads gestaltet hatten, dazu gehörte auch lebendige Beweis in Gestalt von drei 16- und 17-jährigen JEG-Schülerinnen, die mit ihrem Einzug ins Bundesfinale von „Jugend forscht“ Ende Mai in Lübeck bewiesen haben, dass die kreative Beschäftigung mit Chemie nicht nur viel Spaß machen und 300 Besucher bestens unterhalten kann, sondern auch an einem Gymnasium ohne schulspezifischen Schwerpunkt Naturwissenschaften und Mathematik beeindruckende Erfolge in Chemie möglich sind, wenn die „richtigen“ Leute Zeit und Herzblut investieren und die Schülerinnen und Schülern begeistern. Auch die zahlreichen Sponsoren, ohne die ein solcher Abend nicht möglich wäre, dürften überzeugt worden sein, dass sich ihr Engagement gelohnt hat.

Linduschka