Skip to main content

Autor: Chris Ziegler

Schulgeschichte(n) von einst und jetzt

50 Jahre Julius-Echter-Gymnasium

Interview mit dem ehemaligen Schulleiter Manfred Geltinger und der amtierenden Schulleiterin Petra Hein

Wie war Schule früher und was ist sie heute? Bereitet sie auf das spätere Leben vor oder stellt  sie lediglich ein Museum anachronistischer Bildungsideale dar? Ist sie der heutigen Zeit vielleicht gar entwachsen? Wer einen Blick in die Vergangenheit wagt, stellt fest, dass Schule einem teilweise radikalen Wandel unterliegt. Ob dieser gut oder schlecht ist, darüber lässt sich reichlich diskutieren. 
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Julius-Echter-Gymnasiums Elsenfeld traf sich Schülerreporterin Sabrina Ball für ein Interview mit zwei Personen, die zu diesem Thema viel wissen: Manfred Geltinger leitete das JEG bis ins Jahr 2000, Petra Hein tut dies seit 2019. Initiiert und organisiert wurde das Gespräch von Dr. Bertram Söller, langjähriger Fachbetreuer Deutsch am JEG.

Sabrina Ball: Was hat sich auf den ersten Blick am JEG verändert, Herr Geltinger?
Manfred Geltinger: Ich staune über den Aufzug und den vielen Luxus, etwa die Holzböden. Auch das Lehrerzimmer ist im Gegensatz zu damals sehr groß.
Ball: Und wie wirkt der aktuelle Arbeitsplatz der Schulleitung auf Sie?
Geltinger: Die zwei Computer sind sehr dominant. Ich hatte damals nicht einmal eine Schreibmaschine. Mein Arbeitsplatz war meist voller Papierberge und Aktenordner, wohingegen dieser sehr aufgeräumt und gut strukturiert ist.
Ball: Welchen Herausforderungen mussten Sie beide sich jeweils bei Ihrem Amtsantritt stellen?
Geltinger: Das JEG war damals gerade 14 Jahre alt und in einem desolaten baulichen Zustand: Das Dach war undicht und geteert. Im Sommer ist der durch die Sonne flüssig gewordene Teer deshalb oft in den Pausenhof gelaufen. Das war ein großes Problem.
Petra Hein: Anfangs mit allen Mitgliedern der Schulfamilie in der neuen Position zu kontakten. Dazu zählen Eltern, Schüler, Kollegen und die Verwaltung. Nachdem ich mich kurz eingelebt hatte, war Corona natürlich meine große Herausforderung: Neue Maßstäbe mussten angelegt werden und man konnte auf nichts zurückgreifen, was vorher war. Kreatives, neues Denken und schnelle Entscheidungen waren da gefragt.
Ball: Bereitet Schule Ihrer Meinung nach auf das spätere Leben vor?
Geltinger: Nein. Schule vermittelt zwar viel Wissen, das aber zu detailversessen. Es braucht daher Mut zur Durchforstung der Lehrpläne. Wissen ist heute nur ein Grundwerkzeug; wichtig sind die sozialen Aspekte: etwa der Umgang mit verschiedenen Lehrertypen, die den Schülern später im Leben begegnen können. Auch Klassenfahrten, die als Gemeinschaftserfahrung dienen und das Schultheater waren mir immer ein besonderes Anliegen.
Hein: Wir haben mittlerweile komplexere Handlungsfelder: Das reicht von Werteerziehung und Leitlinien über das Demokratieverständnis bis hin zur alles überschattenden Digitalisierung. Ich sage immer, dass Schule eine Art Trockenübungsplatz für die Gesellschaft ist, wo man das Zusammenleben und den Umgang mit Konflikten übt und Werte vermittelt bekommt. Digitalisierung, Berufsorientierung und die Wertebildung stehen nun zentral. Die Schüler sollen schließlich die Möglichkeit haben, zum mündigen Bürger zu werden.
Ball: Wie beurteilen Sie die Veränderungen, denen die Institution Schule im Laufe der Zeit ausgesetzt war?
Hein: Ich sage nicht, dass früher alles besser war. Jetzt haben die Schüler andere Kompetenzen im Vordergrund und wir haben andere Schwerpunkte. Hinzu kommt auch, dass wir mehr Unterrichtstools besitzen. Das kann man an den modernen Fremdsprachen festmachen: Früher konnten Schüler Originalliteratur super schriftlich übersetzen, heute können sie sich dafür mündlich ausdrücken und präsentieren.
Geltinger: Hinsichtlich der Digitalisierung bin ich eher konservativ eingestellt. Tafel, Kreide, ein guter Lehrer – das ist mir wichtig.
Ball: Was macht einen guten Lehrer aus?
Geltinger: Da gibt es Dreierlei: Er sollte Fachwissen, einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und Humor besitzen.
Hein: Ein guter Lehrer muss ein guter Pädagoge sein und Fachwissen sowie inhaltliche Offenheit besitzen.
Ball: Welche Rolle spielt Schule im Leben eines Schülers?
Geltinger: Schule war zu meiner Schulzeit ein wichtiger Lebensmittelpunkt, ein „Abenteuerspielplatz“. Hier konnte man sich ausprobieren und Autoritäten, die Lehrer, an Grenzen führen. Heute sind die Schüler, das sehe ich auch an meinen Enkeln, wesentlich angepasster.
Hein: Das ist vermutlich individuell. Denn viele Schüler haben mittlerweile ein umfangreiches Freizeitprogramm, wodurch der zeitliche Schwerpunkt sich für sie verschoben hat; aber eben nicht bei allen. Schule bedeutet auch, andere Wertestrukturen kennenzulernen. Es ist nicht der Unterricht, der Schule ausmacht, sondern das ganze Ambiente, mag es langweilig, dröge oder sonst wie sein. Soziale Interaktion – das ist Schule.
Ball: Wie können Lehrer Schüler fördern?
Hein: Indem sie authentisch sind, offen und neugierig bleiben und sich – menschlich wie fachlich gesehen – für ihre Schüler interessieren.
Geltinger: Die Schule soll in erster Linie für die Schüler da sein. Lehrer und Schüler verbringen hier eine wichtige und prägende Zeit miteinander. Die Schüler eignen sich die Fähigkeit der Konfliktlösung an. Lehrer hingegen sollen vor allem Lebensweisheiten vermitteln. Sie sind die Meister im Klassenzimmer; der Stoff ist eher Beiwerk.
Ball: Was ist eigentlich die Hauptaufgabe einer Schulleitung?
Hein: Ich möchte, dass die Leute gerne hier sind. Meine Tür ist immer offen und wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, ist hier (Anm. d. Red.: im Büro) bis 16 Uhr dauernd was los. Man hat als Schulleiterin einen dauerhaften Wechsel von Sprechen und Schreiben und damit verbunden einen hohen Aufwand an Bürokratie.
Geltinger: Den Lehrern klarzumachen, dass sie sich nicht wichtig nehmen dürfen. Ihre Aufgaben sind nicht ihr Fach oder die Wissensvermittlung, sondern die Schüler. Es sollen verstärkt soziale Fähigkeiten gefördert werden. Es gab folglich beträchtlich weniger Verwaltungsarbeit als heute.
Könnten Sie beide sich vorstellen, für einen Tag die Rollen zu tauschen?
Hein: Ganz ehrlich, ich kann mir das sehr gut vorstellen. Das wäre für mich zwischenmenschlich und führungspsychologisch eine super interessante Erfahrung.
Geltinger: Meine Zeit ist vorbei.

Frau Hein, Herr Geltinger, vielen Dank für das Interview!

Sabrina Ball

Schicke Schule JEG

Wer mit offenen Augen durch unser Schulhaus läuft, dem dürfte nicht entgangen sein, dass seit vergangener Woche auffällig viele Schülerinnen und Schüler mit dunkelroten Kapuzenpullis unterwegs sind. Und wer noch genauer hinschaut, stellt fest, dass auf jedem Kleidungsstück das Kürzel „JEG“ zu finden ist.
Denn nachdem uns im vergangenen Schuljahr Corona bei dem Projekt „Neue Schulkleidung“ einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, konnte die SMV, gemeinsam mit ihren Verbindungslehrkräften Lone Wulff und Jan-Martin Matjak, endlich dieses Vorhaben realisieren. Passend zum Schuljubiläum 2022 gibt es gleich eine Sonderausgabe mit einem speziellen 50-Jahre-JEG-Logo aus der Werkstatt von Kreativkopf Bastian Kraus! 
Mit der Schulkleidung möchte die SMV dazu beitragen, die Identifikation mit dem JEG zu erhöhen und z. B. bei Schulveranstaltungen durch einen Look mit Wiedererkennungsfaktor präsent zu sein. Für das JEG als Fair Trade Schule ist es selbstverständlich, dass die Kleidung aus fairem Handel stammt und aus Bio-Baumwolle hergestellt ist.

Über 300 bestellte Teile

Doch bevor die ersehnten Pullis und T-Shirts in die Hände der glücklichen Käuferinnen und Käufer gelangen konnten, war eine lange Phase generalstabsmäßiger Planung vonnöten; wegen der Covid 19-Pandemie dauerte nicht nur die Auswahl des Angebots länger, weil sich Preise und Verfügbarkeit der Ware geändert hatten, sondern auch die Anprobe selbst war ein Problem, da hier die Hygienevorgaben penibel eingehalten werden mussten. Überraschend schnell und reibungslos ging dann die Verteilung der Kleidungsstücke am 14. und 15. Dezember über die Bühne.
Die Mühe der SMV hat sich gelohnt: Mehr als 300 Bestellungen von insgesamt über 500 Teilen sind ein deutliches Indiz für die Identifikation der Schülerschaft mit „ihrem“ JEG.

Thum

Online-Lesung des Autors John von Düffel

„Muss man die ganze Welt retten, um den See vor der eigenen Haustüre zu retten?“

Online-Lesung des Autors John von Düffel zu seinem Roman „Der brennende See“. 
Eine Veranstaltung für die 12. Jahrgangsstufe des Julius-Echter-Gymnasiums Elsenfeld

Schonmal von dem „brennenden See“ gehört? Was sich nach Humbug anhört, existiert tatsächlich: Der Bellandur-See in Bangalore, Indien, sondert einen hoch entzündlichen Giftschaum ab, der durch ungefilterte Chemikalien, die von der Industrie in das Gewässer geleitet werden, entsteht. Die Folge: Der See „brennt“ an manchen Tagen.
Für John von Düffel, erfolgreicher Schriftsteller, Theaterautor und Dramaturg, war besagtes Phänomen ein „wesentlicher Impuls“ für seinen 2020 veröffentlichten Roman „Der brennende See“, wie er in der Online-Lesung für die Jahrgangsstufe 12 des Julius-Echter-Gymnasiums Elsenfeld am 07.12.2021 verriet. Neben den zahlreichen Wetterberichten, die jedem einzelnen Kapitel vorangestellt sind, spielen auch die menschliche Abhängigkeit von Wasser, der Kampf für die Umwelt sowie das heikle Thema Erbe, mit dem die Hauptfigur Hannah nach dem Tod ihres Vaters konfrontiert wird, eine entscheidende Rolle. Dieser Roman ist eine interessante, lesenswerte Lektüre, die auch als Hommage an die vielfältigen Wassererlebnisse des Autors verstanden werden kann. Nicht zufällig finden sich hier ebenfalls Motive seines preisgekrönten Werks „Vom Wasser“ wieder.
„Wasser ist ein poetisches Element, das zu einem Politikum geworden ist“, so von Düffel. Der Bellandur-See sei nur ein Beispiel dafür. Bezüglich Umwelt- und Klimaschutz rät von Düffel deshalb: „Statt die ganze Welt retten zu wollen, kann es auch der See vor der eigenen Haustür sein“. 
Die Veranstaltung diente trotz allem nicht nur dem Plädoyer für Klimaschutz, sondern bot vor allem Anlass zum persönlichen Gespräch zwischen Schülern und Autor. Das Literarische Quartett, das sich am JEG schon einer langen Tradition erfreut, tauschte sich mit John von Düffel nach der Lesung einer ersten Romanpassage über ihre Eindrücke aus. Auf die Frage, ob es eine Fortsetzung von „Der brennende See“ gebe, erwiderte der Autor schmunzelnd, dass ein zweiter Teil, wenn auch eher unwahrscheinlich, dennoch „nicht ausgeschlossen“ sei.
Das Fazit am Ende der kurzweiligen Lesung: Neben vielen aufschlussreichen Einblicken in das Leben eines Schriftstellers konnten sich die Zuhörenden mit dem Autor auch über aktuelle klimapolitische Themen wie „Fridays for Future“ austauschen. Ein herzliches Dankeschön an John von Düffel für sein Bestreben, alle Fragen der Schülerinnen und Schüler stets geduldig, freundlich und ehrlich zu beantworten. 
Ihm selbst hat die Lesung offensichtlich auch Spaß gemacht, wie er in einer Email an die Veranstalter verriet:
„Das JEG Elsenfeld wird seinem guten Ruf als literaturoffene und dialogbereite Schule auch unter Corona-Bedingungen mehr als gerecht: Von der Schulleitung über das engagierte Kollegium bis hin zu den Schülerinnen und Schülern mit ihren Leseeindrücken, kritischen und klugen Fragen hat es sich auch im digitalen Format niemand nehmen lassen, der Literatur auf die Spur zu kommen. Mehr Dialog geht kaum von Kachel zu Kachel. Es war eine der gelungensten und muntersten Digitallesungen überhaupt. Herzlichen Dank dafür!“

Und wer weiß, vielleicht kann beim nächsten Wiedersehen schon „Der brennende See, Teil 2“ besprochen werden …?

Sabrina Ball