Sicherheit in unsicheren Zeiten?
Jugendoffizier zu Besuch am JEG
Selten war die Bundeswehr in der neueren deutschen Geschichte so sehr Gegenstand der medialen Berichterstattung und der öffentlichen Diskussion. Selten wurde so viel über Waffensysteme, Verteidigungsminister und Soldatinnen und Soldaten gesprochen und diskutiert. Auch im (politisch orientierten) Unterricht zeigt sich, wie viele Fragen, Halbwissen und Unsicherheiten bei Schülerinnen und Schülern existieren. Zeit, die Perspektive zu wechseln, und mit der Bundeswehr selbst ins Gespräch zu kommen.
Auf Einladung der Fachschaft Politik und Gesellschaft besuchte der Jugendoffizier Hauptmann Nürnberger die Q12 des JEG, um über die Rolle der Bundeswehr in der deutschen Außenpolitik und aktuelle Herausforderungen zu sprechen und sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler zu stellen. Anhand des Krieges in der Ukraine erläuterte der Soldat das Wesen und die Aufgaben der deutschen Streitkräfte auch und vor allem innerhalb der internationalen Bündnissysteme, veranschaulichte ihre Einbindung innerhalb der NATO und verdeutlichte, wie Sicherheitspolitik in unsicheren Zeiten möglich ist. Historische und aktuelle Konfliktlinien sowie der Weg in Krise und Krieg in der Ukraine verdeutlichten die Bedeutung der aktuellen politischen Lage in Europa und die „deutsche Betroffenheit“. Der Perspektivenwechsel bzw. der sicherheitspolitische Blick auf die Krise gelang. Die Schülerinnen und Schüler verknüpften anhand der klaren Darlegung die vielen Aspekte sicherheitspolitischer Belange und konnten am konkreten, sie in vielerlei Weise betreffenden Beispiel des Krieges in der Ukraine deutsche Sicherheitspolitik begreifen. Beeindruckt zeigten sie sich vor allem von der sachlichen, nahezu neutralen Haltung des Offiziers und seinem klaren Blick auf die Bedeutung der Krise – auch für die Bundeswehr.
Eine Woche später war Herr Nürnberger wieder zu Gast am JEG – diesmal im W-Seminar „Gerechter Krieg? – Gerechter Frieden?“ in der Q11. Zu denkbar ungünstigster Unterrichtsstunde am späten Nachmittag gelang ihm ein Workshop zum Bundeswehreinsatz in Mali, der alle Teilnehmenden tief beeindruckte. Das Konfliktfeld Mali bereitete der Offizier in der Kürze von nur zwei Stunden gemeinsam mit den Seminaristen so auf, dass Kausalitäten zur kolonialen Vergangenheit sowie Zusammenhänge zur Entwicklungspolitik der EU und zur Einflussnahme Russlands wie Chinas verständlich wurden. Die Möglichkeit eigenständiger Erkenntniserlangung in Kombination mit visuell unterstützten Vortragspassagen des Offiziers ließ Einblicke in die Komplexität und Widersprüchlichkeit von Auslandsmissionen der Bundeswehr zu, was zu regen Diskussionen im Seminar führte. Hauptmann Nürnberger faszinierte die Jugendlichen für das Thema derart, dass niemand mit dem Stundengong der zehnten Unterrichtsstunde aufsprang und das Klassenzimmer verlassen wollte, sondern Bedauern geäußert wurde, dass man nicht mehr Zeit aufwenden konnte, um das Verständnis für den Mali-Konflikt und die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu vertiefen.
Pfefferer, A. Schneider