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Julius Echter von Mespelbrunn: Fürstbischof in Zeiten des Umbruchs

03. Jun. 2022

Der Historiker Frank Kleinehagenbrock informiert in einem Vortrag über den aktuellen Forschungsstand zum Namenspatron unserer Schule

Im Rahmen des 50-jährigen Schuljubiläums fand am 31.05. um 19 Uhr am Julius-Echter-Gymnasium Elsenfeld ein Vortrag statt, in welchem Dr. phil. habil. Frank Kleinehagenbrock, Geschäftsführer der Forschungsstelle der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn und Privatdozent am Lehrstuhl für Neuere Geschichte der Universität Würzburg, die bis heute kontrovers diskutierte Figur des Fürstbischofs aus Mespelbrunn einer historischen Analyse unterzog.

Zu Beginn verwies der Referent darauf, dass ein Mensch des 16. Jahrhunderts aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts nicht eindeutig zu erklären sei, da unsere Wahrnehmung der Welt ganz stark vom 19. Jahrhundert geprägt worden ist: Die heute selbstverständlichen historischen Dimensionen von Staat, Nation und Sozialfürsorge existierten damals nicht. Nachdrücklich betonte er, dass die Menschen in anderen Plausibilitäten lebten und andere Erfahrungen von Herrschaft, Religion und sozialen Ordnungen besaßen. Ihre Deutung der sie umgebenden Welt war noch erheblich von religiösen und naturmagischen Kontexten geprägt, rationale Erklärungsmodelle hatten es dagegen schwer, sich durchzusetzen. Auch Echter ist als typischer Vertreter dieser Umbruchzeit anzusehen, der in seiner Person sowohl humanistische Bildung wie auch religiöse Intoleranz vereinte.

Die Frage, ob die Fürstbischöfe als Landesherrn, die in gewisser Weise in Abhängigkeit vom jeweiligen Domkapitel als Wahlgremium standen, schwach waren, stellt sich zumindest für Echter so nicht, da er seine unangefochtene Autorität während seines langen Pontifikats (1573- 1617) durchsetzen konnte. Dabei gab Kleinehagenbrock zu bedenken, dass das weltliche Herrschaftsgebiet des Hochstifts Würzburg wesentlich kleiner als das Bistum war und von einem geschlossenen Territorium mit fest abgesteckten Grenzen ohnehin nicht gesprochen werden kann, sondern von einer Verdichtung durch Herrschaftsrechte des Fürstbischofs, der freilich immer in Konkurrenz zu anderen regionalen Herrschaftsträgern stand. Außerdem ließen die Folgen der Reformation die bischöfliche Einflusssphäre schrumpfen; Echters gegenreformatorische Tätigkeit entsprang also nicht zuletzt seinen Bemühungen um eine Konsolidierung und Modernisierung seines Herrschaftsbereichs.

Überhaupt ist für Kleinehagenbrock Julius Echter eine widersprüchliche Figur mit Licht und Schattenseiten, dessen Tun von Ambiguitäten geprägt ist: Neben der Gründung der Universität Würzburg, der Förderung des Schulwesens, der Ausbildung von landesherrlicher Infrastruktur und nicht zuletzt der Fürsorge für die Armen, gipfelnd in der Gründung des Juliusspitals, fielen in Echters Amtszeit ebenso die Vertreibung von Protestanten und Juden sowie die Errichtung des Juliusspitals auf dem Grund des jüdischen Friedhofs. Schließlich wird Echter vor allem die Verbrennung von Hexen angelastet; allerdings legen neuere Quellenfunde des Historikers Robert Meier den Schluss nahe, dass der Fürstbischof wohl zu Unrecht als „Hexenbrenner“ in die Geschichte eingegangen ist.

Als Bilanz seines Vortrags möchte Kleinehagenbrock den Würzburger Fürstbischof als Gestalter in einer Phase des Umbruchs verstanden wissen, dessen zukunftsweisendes Agieren als Landesherr in jüngerer Zeit von der Forschung stärker betont wird. In diesem Zusammenhang könne man, bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber diesem inflationär gebrauchten Etikett, sogar von einem „modernen“ Herrscher sprechen.

In der anschließenden Diskussion taten sich die etwa 50 Zuhörerinnen und Zuhörer mit einer eindeutigen Bewertung seines Handelns schwer. Aus Sicht Frank Kleinehagenbrocks sollte der Schulname für alle Mitglieder der Schulfamilie Anlass sein, sich immer wieder kritisch mit Echters Schattenseiten zu befassen, und Auftrag, sich für Toleranz und Pluralität in der Gesellschaft zu engagieren. Ein Auftrag, den das JEG als sozialwissenschaftliches Gymnasium gerne annimmt.

Thum