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Gunther Geltinger liest für die Q 11 aus seinem Roman „Benzin“

27. Apr. 2022

Von der Lust am Schreiben und der Arbeit eines Schriftstellers

Eine Lesung der besonderen Art gab es am 25.04. für die Schülerinnen und Schüler der Q 11 des Julius-Echter-Gymnasiums. In der Person Gunther Geltingers konnten sie nämlich nicht nur einen sprachmächtigen Schriftsteller erleben, sondern auch einen ehemaligen Schüler, der 1994 am JEG das Abitur abgelegt hatte. Was lag also näher, als Geltinger zu einer Veranstaltung im Jubiläumsjahr einzuladen? Die Idee dazu hatte Dr. Bertram Söller, organisiert wurde die Lesung von Susanne Pfefferer, passend zum Welttag des Buches am 23. April.

„Vorlesen war für mich an der Schule das schlimmste“, bekennt Gunther Geltinger zu Anfang seiner Lesung dem Publikum. Grund dafür sei sein leichtes Stottern, dass plötzlich unerwartet auftrete. „Deswegen bin ich auch gespannt, wie die Lesung verlaufen wird.“ Wer so locker und offen eigene Schwächen einräumt, dem ist die Sympathie der jungen Zuhörerinnen und Zuhörer gewiss. Aber nicht nur durch sein zugewandtes Wesen beeindruckte der Autor, auch der Vortrag selbst hatte es in sich. Nachdem er nämlich eine Passage aus seinem 2019 erschienen Roman Benzin vorgelesen hatte, gewährte der Autor den Schülerinnen und Schülern anschließend Einblicke in sein Schreiben. Hinter jedem seiner drei bisher veröffentlichten Romane steckt jahrelange akribische Arbeit. Etwa acht bis zehn Stunden verbringe er täglich an seinem Schreibtisch, so Geltinger, und das an sechs Tagen die Woche. Für ihn komme es vor allem auf die Sprache an. Deshalb feilt er akribisch an jedem Satz, spürt dem Rhythmus und der Textur intensiv nach. Bis ein Roman Gunther Geltingers fertig ist, dauert es fünf Jahre. „Ich gelte mittlerweile als einer der am langsamsten produzierenden Autoren der Branche“, bekennt der Schriftsteller augenzwinkernd.

„Benzin“ als Roadtrip und Reise zu sich selbst

Die sprachliche Sorgfalt gilt geradezu als Geltingers Markenzeichen, und sie ist auch in dem von ihm gelesenen Ausschnitt aus dem Beginn des Romans „Benzin“ sofort erkennbar; so lässt die pointierte Beschreibung der Gesten und knappen Dialoge der Hauptfiguren Vinz und Alexander vor den Zuhörerinnen und Zuhörern den ganzen Kosmos einer scheiternden Beziehung entstehen, Wort auf Wort fügt sich zu einem Abgesang einer einstmals glücklichen Liebe zwischen den beiden Männern. Eine Reise mit dem Auto durch das südliche Afrika zu den Victoriafällen soll da Abhilfe schaffen. Außerdem erhofft sich der mäßig erfolgreiche Schriftsteller Vinz davon Inspiration für ein neues Buchprojekt, also neuen Treibstoff für seine Karriere, womit zwei Deutungsvarianten des Romantitels „Benzin“ anklingen.

Wer mag, kann in Geltingers Romansujets, etwa auch in „Mensch Engel“ von 2008 oder „Moor“ (2013) autobiografische Bezüge entdecken. Einer solchen Lesart, will der Autor grundsätzlich nicht widersprechen, gibt aber zu bedenken, dass seine Texte autofiktional, aber nicht autobiografisch seien. Ein großer Unterschied bezüglich der Leserrezeption und eine große Herausforderung für den Schriftsteller, weshalb Geltinger den Schreibinteressierten unter seinen Zuhörerinnen und Zuhörern vor dieser Variante als Einstieg ins literarische Schreiben abrät.

Lesen ist wie einatmen, schreiben ist wie ausatmen“

Gunther Geltinger lebt im wahrsten Wortsinn vom Schreiben, und diese Leidenschaft möchte er auch den Schülerinnen und Schülern vermitteln. Für ihn selbst ist Schreiben seit seiner Kindheit das probate Mittel der Weltaneignung und auch -bewältigung. Seinen ersten Gedichtband bringt er noch als Schüler heraus, mit Unterstützung seines damaligen Deutschlehrers und Förderers Dr. Heinz Linduschka, der auch an diesem Tag im Publikum sitzt. Dass Schreiben etwas Schönes ist, durchzieht leitmotivisch Geltingers gesamten Vortrag. Einen Rat an angehende Autoren kann er aus eigener Erfahrung besonders empfehlen: „Lesen ist wie einatmen, schreiben ist wie ausatmen“. Dieses Zitat gibt Geltinger den Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg zur eigenen Textproduktion – und spricht damit den anwesenden Deutschlehrkräften aus dem Herzen. Und wenn der Lehrer zufrieden ist, sind alle zufrieden. Oder?

Thum