Fahrt des Julius Echter Gymnasiums zur Frankfurter Buchmesse am 18.10.
So zuverlässig wie der Herbst findet jedes Jahr im Oktober die Buchmesse in Frankfurt statt. Wieder mit dabei eine Busladung lesebegeisterter Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrkräfte vom JEG, die sich auf neue Literaturtrends und Lesefutterinspirationen freuten.
Neu war zuerst einmal, dass es in diesem Jahr Tickets nicht vor Ort, sondern ausschließlich online zu kaufen gab. Auch für viele Veranstaltungen innerhalb der Buchmesse, etwa Signierstunden oder Lesungen, galt es, sich zuvor digital um Zugang zu bemühen. Und da sind wir schon bei einem der wohl gar nicht so neuen Trends: der Digitalisierung. Diese war auf der Buchmesse auf Schritt und Tritt oder, passender ausgedrückt, Klick für Klick präsent: So beschäftigten sich nicht wenige Vorträge mit dem Einfluss der KI auf die Literatur im Allgemeinen und die Zukunft der Bildung im Besonderen. Zu Letzterer durfte sich eine ausgewählte Lehrerschar vom JEG einen Vortrag eines selbsternannten Bildungs-Gurus und Podcasters anhören. Dieser vermochte inhaltlich nicht wirklich zu überzeugen, was vielleicht auch der Tatsache geschuldet sein könnte, dass es gar nicht so einfach ist, glaubwürdig über Schule und Bildung zu sprechen, wenn man selbst lieber im Rampenlicht als im Klassenzimmer steht.
Spicy oder nicht?
Erfreulicher ist da schon das Phänomen „#BookTok“, bei dem passionierte Leserinnen ihrer ebenfalls fast ausschließlich weiblichen Zielgruppe auf TikTok ihre Lieblingsbücher empfehlen. Diese sind oftmals dem Genre „New Adult“ zuzurechnen, dem die Macher der Buchmesse gleich eine ganze Ausstellungshalle gewidmet haben. Hier traf man viele Schülerinnen vom JEG beim intensiven Schmökern. Doch wie sich in der vor Neuerscheinungen nur so strotzenden Buchlandschaft der jungen Erwachsenen zurechtfinden? Dafür gibt es eine einfache, aber wirkungsvolle Methode: Wird der Inhalt mit dem Begriff „spicy“ (scharf) etikettiert, geht es vor allem um Liebe, Zärtlichkeit und anschaulich geschilderten Sex. Wer es weniger scharf mag, sollte von diesen Büchern lieber die Finger lassen.
Eine weitere Auffälligkeit der 2025er Buchmesse: Der im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigerte Takt an Lesungen, Veranstaltungen, Signierstunden und anderen Formen der Autorenbegegnung. Angetroffen wurden zum Beispiel Bestsellerautor Saša Stanišić, der humorvoll von seinem neuesten Buch erzählte, bei dem Gießkannen auf Friedhöfen eine wichtige Rolle zu spielen scheinen, oder die Politik-Urgesteine K.T. Guttenberg (vormals Freiherr von und zu) und Gregor Gysi (vormals Chef der Linkspartei). Die beiden sind, wie schon viele vor ihnen, unter die Podcaster und Buchautoren gegangen. Launig und oft lustig unterzogen sie die aktuelle Weltlage einer kritischen Bestandsaufnahme, bei der mit Seitenhieben auf die aktuelle Berliner Politik nicht gespart wurde.
Bella Italia – wohl eher nicht!
Diese und weitere Events machten die diesjährige Buchmesse zu einem Ereignis, bei dem sich große und nicht ganz so große Autoren nahbar zeigten. Einen gänzlich anderen Akzent setzte die Präsentation des Gastlandes Italien; gleich beim Betreten des hauptsächlich mit weißen Plastiksäulen ausstaffierten Ausstellungsareals, das wohl einem antiken Forum nachempfundenen sein sollte, fühlte sich der Besucher aufgrund der dämmrig-blauen Ausleuchtung weniger ins sonnige Italien als vielmehr in den Schneepalast der Eiskönigin aus „Narnia“ versetzt. Befremdlich auch, dass der italienischen Literaturlandschaft nur ein kleiner Raum mit lieblos zusammengestellten Büchern gewidmet war, während ansonsten mit der glorreichen Vergangenheit des Gastlandes geprunkt wurde. Immerhin kam man so in den Genuss einiger originaler Fresken aus dem antiken Pompeji, darunter eine Abbildung der Iphigenie, einer Figur aus der griechischen Sagenwelt, welche die gebildete Deutschlehrkraft natürlich sofort an Goethes klassisches Drama „Iphigenie auf Tauris“ denken ließ. Allerdings erwies sich diese Assoziation durch eine im selben Raum befindliche Zeichnung des in Italien weilenden Goethe als nicht ganz so genialisch wie vielleicht vermutet.
Johann Wolfgang Goethe oder: Warum es beim Lesen geht
Apropos Goethe: Er war nicht nur im italienischen Ausstellungsraum der Frankfurter Buchmesse präsent, sondern auch auf dem Paulsplatz. Dort hätte man in Form eines Escape Rooms spielerisch seine berühmte Italienische Reise nachempfinden können, wenn man eben nicht auf dem Messegelände gewesen wäre. Das Motto „Escape reality – join the journey!“ hätte zwar den Dichterfürsten im Grabe rotieren lassen, drückt aber ganz gut aus, was sich auf der Frankfurter Buchmesse insgesamt beobachten ließ: der Wunsch, mit Hilfe der Literatur, insbesondere der Belletristik, in ferne, fantastische Welten einzutauchen und den Sorgen eines im Jahr 2024 doch recht bedrückenden Alltags zumindest für ein paar Stunden enthoben zu sein.
Thum