Der Teufel zu Gast am JEG
Warum einen über 200 Jahre alten Text als Theater sehen? – Weil er zeitlos ist! Zu diesem Schluss kam der Teufel in der Aufführung von „Faust – Der Tragödie erster Teil“. Am Mittwoch, den 21.02.2024, brachte Ekkehard Voigt mit seinem „Theater als ob“ dieses Stück auf die Bühne am Julius-Echter-Gymnasium.
Der Zuschauerraum bestand eigentlich aus Schülerinnen und Schülern der Qualifizierungsstufe, die Voigt aber kurzerhand zu Adepten seiner Teufelsschule ernannte – eine originelle und kreative Interpretation von Goethes Meisterwerk. Die Grundfrage, die der Teufel behandelte, lautete: Wie konnte Mephisto Faust in seinem Sinne manipulieren? Der Teufel führte anhand dieser Fragestellung durch das ganze Stück und stellte dies immer wieder exemplarisch heraus, indem er die einzelnen Szenen diesbezüglich erläuterte.
Das Publikum wurde immer wieder mit einbezogen, alle mussten darauf gefasst sein, selbst aktiv werden zu müssen: Sei es durch das Darstellen eines Spitzbogens, einer Vitrine oder – wie im Falle der Schulleiterin Petra Hein – als Mitglied einer Jury, die beurteilen sollte, ob Marthe gut dargestellt wurde. Das minimale Bühnenbild unterstützte die gelungene Inszenierung.
Nach der Aufführung kam die Q12 mit Herrn Voigt in einen gewinnbringenden Austausch über seine Ein-Mann-Faust-Inszenierung im Besonderen und über das Theater im Allgemeinen. Seine Klarstellung, dass er als Mensch anders agiere als in seiner Rolle als Teufel, nahmen die Schülerinnen und Schüler dem sympathischen Schauspieler sofort ab. Theater sei für ihn kein Beruf, sondern eine Lebenseinstellung, zu der er erst über mehrere Umwege gefunden habe.
Am liebsten spielt Voigt alleine: „Da bin ich selbst der Boss und kann jede Rolle spielen, die ich will.“ Das sei im herkömmlichen Theaterbetrieb mit seinen Zwängen und auch Intrigen kaum möglich. Damit man jeden der von ihm dargestellten Figuren leicht identifizieren kann, hat sich Voigt jedes Mal eine bestimmte Körperhaltung mit je eigener Gestik, Mimik und Sprechmelodik überlegt. „Ihr glaubt nicht, wie schwer es ist, diese ganze Textmasse auswendig zu lernen“, so der Schauspieler im Gespräch. Interessante Einblicke in den künstlerischen Prozess und die Interpretation der Charaktere, und das vom Fachmann. Und mal eben so mit ein paar Dingen die Aula des JEG in eine Bühne verwandeln, das macht ihm so schnell keiner nach!
Kneisel/ Thum